atb #18 | Unbehaust

Wolfgang Betke, Andreas Fischer, Knut Klaßen, Britta Lumer, Isa Melsheimer

am 14. November 2008 ab 19 Uhr

Ausstellung vom 15. November 2008 bis zum 10. Januar 2009
Geöffnet nach Vereinbarung: 0179 803 15 73

Unbehaust
Nach einer Idee von Britta Lumerund Wolfgang Betke

verlust der bodenhaftung. ein schlimmes gefühl, wenn man dem gewahr wird. das erblicken der leere. alte muster brechen weg, sedierungsmechanismen versagen. war es ein überangebot? eine überreizung? ein zuviel? ein nicht mehr verarbeiten können? war ein leben eine grundsätzliche fehleinschätzung, die mit überschreiten einer grenze nicht mehr korrigierbar war? was passiert, wenn der einzelne seine einzelheit spürt? wenn wir nicht mehr anschlußfähig sind an eine sozialität? wenn der nächste für uns nicht mehr existiert? wenn niemand mehr für uns existiert? niemand und nichts. was am leben hält uns? was hält uns am leben? wie sollen wir neue muster stricken und zugleich die leere respektieren? oder wie füllen wir sie, mit wem oder was auch immer? wie begreifen wir offenheit als unbegrenzte schönheit? wie begreifen wir unbehaustheit als willkommene möglichkeit?

Wolfgang Betke verweist in seinem hoch gestreckten Bild „Die schöne Revolutionärin“ auf die Notwendigkeit des Menschen, über sich hinaus zu wachsen, seine angeblichen Grenzen zu übersteigen und in geistigen wie sinnlichen Höhen ein Fortkommen zu suchen. Seine Malweise, in immer aufs Neue revidierten Schichten, ist auf der Suche nach dem was uns ausmacht und verkörpert die wesentliche Improvisiertheit der menschlichen Existenz.

Andreas Fischer zollt in seiner Arbeit „Homo Horno“ dem Verborgenen Respekt. Er hat eine simple Box in Augenhöhe auf eine Stange gesteckt. Eine kleine schwarze Öffnung auf der Vorderseite zieht den Blick an, macht neugierig auf ihr Inneres. Nähert man sich, will man sehen, was drin ist, macht sie dicht, das Loch schließt sich langsam aber bestimmt.

Die Art und Weise wie Knut Klaßen mit Film umgeht, wie er den Prozeß des Werdens zu einer Situation macht, wie er seine Bilder einstellt, wie seine Schauspieler sich einander nähern und sich verhalten, sagt viel über die Offenheit und Unsicherheit, mit der die Menschen zur Zeit umzugehen haben. Anhand der Definitionszwänge eines bildenden Künstlers zeigt er unseren Status Quo zwischen „Wahl und Nichts“.

Britta Lumer läßt in ihren großformatigen, fließenden Tuschebildern glühende Hochhaussilhouetten in den Himmel wachsen. In ihrer neuen Werkgruppe mit Holz-Skulpturen holt sie wacklige Wolkenkratzer aus ihren Zeichnungen heraus und stellt sie frei in den Raum. So nimmt sie ihre Gebäudethematik wieder auf, in der es um Aspekte der Faszination aber auch der Gefährdung einer konstruierten Sicherheit geht.

Isa Melsheimer stickt einen klagenden Seufzer auf einen Vorhang: „Another Fu cking Day“. Sowas denkt beim Aufwachen am Morgen, wer lieber in den Tiefen des Schlafes bleiben möchte.Spuren des Zerfalls, wie Löcher im Stoff, werden akzeptiert und mit Perlen umstickt. Im Bild der wehenden Leichtigkeit eines Vorhangs vor dem Fenster schwingt nicht nur Vergänglichkeit mit, sondern auch Hoffnung und Weite.