Eröffnung: 12. Juli ab 19 Uhr
Finissage: 16. Juli
Eröffnung: 12. Juli ab 19 Uhr
Finissage: 16. Juli
atb#90 – String Figures
Jamila Barakat, Mengna Tan, Eva Ďurovec und Nikita Kadan
Ausstellungseröffnung: Freitag, 1. April ab 19 Uhr
Ausstellung 2. April – 15. Mai 2022
Finissage: Sonntag, 15. Mai – 15-18 Uhr
geöffnet nach vorheriger Anmeldung: mailto@after-the-butcher.de oder +49 178 3298 106
30. April, 18 Uhr: Book Launch „New Mind Mapping Forms“ von und mit Eva Ďurovec
In den Ausstellungsräumen bitten wir Abstand zu halten und Mund- Nasenschutzmasken zu tragen.
After the Butcher, Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst und soziale Fragen, freut sich, seine nächste Ausstellung „String Figures“ mit den Künstlerinnen Jamila Barakat, Mengna Tan, Eva Durovec und Nikita Kadan zu präsentieren.
In Donna Haraways Staying With The Trouble ist eine Figur allgegenwärtig: SF. Diese Figuration scheint mehr zu sein als nur eine Abkürzung. Sie scheint ein Subjekt zu sein, das verschiedene Möglichkeiten und Methoden, Gedankenexperimente und gemeinsame Praktiken des Austauschs und der Interaktion eröffnet. Medienübergreifende und multidisziplinäre Praktiken, die manchmal funktionieren, manchmal scheitern, aktiv sind und manchmal stillstehen.
Wie Fadenfiguren schlagen sie den Teilnehmer:innen Muster vor, die sie auf einer verletzlichen und verwundeten Erde irgendwie beleben können, und setzen sie um. Haraway beschreibt die Figur mit den Buchstaben SF.
SF kann vieles sein: Science Fiction, spekulative Fabulation, String-Figuren, spekulativer Feminismus, Science-Fact, so far…
„Ich denke an SF und Fadenfiguren in einem dreifachen Sinne von Figuration. Erstens versuche ich, die Fasern in verklumpten und dichten Ereignissen und Praktiken herauszuziehen und den Fäden zu folgen, wohin sie führen, um sie aufzuspüren und ihre Verwicklungen und Muster zu finden, die entscheidend dafür sind, dass man an realen und besonderen Orten und Zeiten an den Knackpunkten bleibt.“
Durch das Spielen mit Fadenfiguren entstehen neue Muster oder Bilder, die neue Verstrickungen und Zusammenhänge offenbaren.In der Ausstellung „String figures“ sind die Künstler:innen der SF auf der Spur, indem sie Themen und Kontexte des spekulativen Feminismus, der spekulativen Fabulierung, der Science Fiction und so weiter (and so far) bearbeiten, scheitern und erforschen…
Ein Dialog untereinander beginnt, Verbindungen zueinander entstehen.
Während wir die Ausstellung vorbereiten, hat das russische Regime unter Putin seinen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, einen weiteren Faden aufzugreifen: Wir haben den ukrainischen Künstler Nikita Kadan eingeladen, an der Ausstellung teilzunehmen. Kadan lebt in Kiew und muss sich in seinem Heimatland vor den russischen Bombardements schützen. Wir freuen uns, zwei seiner beeindruckenden Kohlezeichnungen aus der Serie „Minsk Masks“ zeigen zu können*). Insofern kann SF auch als ein Zeichen gegen den Krieg gelesen werden: stay friends oder seid friedlich statt Strike Forces.
*) Nikita Kadan schreibt: „Diese ‚Masken‘ habe ich in Ornamenten an der Decke der Minska-Station der Kiewer Metro gefunden, als ich sechs Jahre alt war. Sie waren wirklich beängstigend, und ich hatte das Gefühl, dass ich immer wieder neue finden kann. Die ornamentale Komposition „Baum des Lebens“, die auf belarussischen Volksornamenten basiert, wurde von den Künstlern Stepan und Vasyl Khymochka 1982, dem Jahr meiner Geburt, geschaffen. Viel später fand ich heraus, dass Belarus historisch gesehen mit einer Partisanenbewegung in Verbindung gebracht wurde – diese Assoziationen können den getarnten Gesichtern, die sich zwischen den Blumenmotiven verbergen, eine neue Bedeutung verleihen.“ Diese Zeichnungen sind insofern sehr aktuell, dass U-Bahn-Stationen wie die Minska-Station in Kiew bekanntlich im Moment den Menschen als Schutz vor dem Beschuss und der Bombardierung dienen…
http://www.mirmetro.net/kyiv/cruise/02/11_minska
Eröffnung: Freitag, 18. Februar ab 19 Uhr
Ausstellung: 19. Februar – 27. März 2022
Die Ausstellung kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden. Anmeldung bitte bei: mailto@after-the-butcher.de oder +49(0)178 329 81 06. Bitte beachten Sie, dass Sie die Ausstellungsräume nur mit einem medizinischen Mund/Nasenschutz betreten dürfen.
Zur Ausstellung:
Quirin Bäumler, Isabelle Fein und Selou Sowe
18. Februar bis 27. März 2022 bei after the butcher
Alles ist miteinander verbunden. Vor einiger Zeit hätten wir vielleicht, in verrenkter Yogapose ein- und ausatmend, die Augen bei diesem Satz leicht entnervt verdreht. Spätestens in den vergangenen zwei Jahren wurde uns jene Weisheit allerdings bitter vor Augen geführt. Wie beeinflussen sich Mensch, Natur und Technik und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Makro- und Mikrokosmen der Welt? In dieser Gruppenausstellung betrachten wir jenes Dreieck aus verschiedenen Blickachsen, fahren mit dem Zoom in kleine, flüchtige Beziehungen und nutzen den Weitwinkel um die Macht der Globalisierung zu begreifen. Die Frage, auf welche Weise das einzelne Subjekt diese Verbindungen beeinflusst, materialisiert sich in den drei künstlerischen Positionen als Wechselspiel aus Kontrolle und Zufall.
Beginnen wir im Mikrokosmos: Isabelle Feins Malereien und Skulpturen untersuchen kurze Momente und Konstellationen, die ihr entweder zufällig von außen, etwa durch gefundene Fotos, zugetragen werden, oder die sie aus ihrem Innern schöpft. Mal symbolistisch, mal surreal humorvoll tauchen ihre Figuren und Tiere aus den dünnen Schichten pastelliger Farbtöne vor uns auf und kommunizieren mit uns. Stilleben mit Pinsel, Zeitung und Farbbechern zeichnen die Arbeit als Künstlerin nach: es ist eine einsame, aber auch meditative Tätigkeit, in der Abschweifungen aus dem Alltag gewollt sind.
Feins Kompositionen tragen etwas Geborgenes in sich, das wir auch in Quirin Bäumlers Skulpturen entdecken können. Die drei Reliefs aus Hartgips zeigen einsam verträumte Figuren, Tiere, oder auch ein Sternenfirmament. Wie Bildschirmmonitore geben sie einen Ausschnitt, ein Standbild aus dem Leben wieder, das von Bäumler verfremdet und fixiert wurde. Während hier das Material in langer Arbeit gegossen, geformt und abgetragen wurde, entstehen seine Zeichnungen intuitiv, als Psychogramm des Moments. Getragen von Motiven um Tod und Trauer sehen wir die Spuren zweier tragischer Pandemiejahre.
Weg vom Menschen, hin zur Maschine. Selou Sowes Skulpturen schimmern zwischen technischem Fortschritt und industriellem Verfall. Es sind Objekte, die kaum zuzuordnen sind: Haben wir es hier mit etwas Organischem oder Anorganischem zu tun? Ist dieses Ding noch von dieser Welt oder aus dem All gefallen? Mit einem Blick auf globale Zusammenhänge und informatische Errungenschaften, zeigt Sowe in seiner Videoarbeit Ähnlichkeiten von menschengemachten Systemen zu natürlichen Strukturen auf, die mit dem Voranschreiten der weltweiten Vernetzung deutlicher werden. In Found-Footage-Bildern, überlagert mit eigenen 3-D-Animationen, wirft eine künstliche Voice-Over-Stimme die Frage auf, ob der Niedergang der destruktiven Machtgefüge in einer vermeintlich dezentralisierten Welt unsere Rettung bedeuten würde.
Diese Gruppenausstellung ist der erste Teil einer längerfristigen Kooperation von After the Butcher und dem jungen Künstler:innenkollektiv Interspace Collective.
Zu Interspace Collective gehören: Isra Abdou, Jamila Barakat, Frank Jimin Hopp, Heiko-Thandeka Ncube, Selou Sowe, Mengna Tan, Laura Suryani Thedja und Alungoo Xatan.
Text: Nadja Abt
NB: after the butcher unterstützt ausdrücklich den Offenen Brief
Wem gehört die Öffentlichkeit? – zur sog. „Kunsthalle Berlin“ in Tempelhof
den ihr hier unterzeichnen könnt: https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLScODqiG38AtCQt3BhOJim7qVGzDNJyYmrXAvbGFktu5W7uCSA/viewform
Ciara Phillips | Jean-Ulrick Désert
Ausstellung: 27. November 2021 – 30. Januar 2022
Eröffnung: Freitag 26. November 2021,19-23 Uhr
Finissage: Sonntag 30. Januar 2022, 15-18 Uhr
Die Ausstellung Palimpsest / Zwischen den Zeichen Lesen entwickelt einen visuellen Dialog zwischen den Werken des in Berlin lebenden haitianisch-amerikanischen Künstlers Jean-Ulrick Désert und der in Glasgow lebenden irisch-kanadischen Künstlerin Ciara Phillips.
Jean-Ulrick Désert greift in seiner für diese Ausstellung entwickelten Arbeit eine politische Aktion von 1978 an der Berliner Mauer auf: der Filmemacher Wieland Speck (1992-2017 Direktor des Panoramas der Berliner Filmfestspiele) und der Künstler Per Lüke lösten durch sie unmittelbar eine Überwachungsaktion namens „Der Harfenspieler“ durch die Staatssicherheit der DDR aus. Désert wählte 12 Blatt der Stasiakte über diesen Fall, digitalisierte sie und brannte sie in Buchleinen ein, um sie in ‚modern gealterte‘ Dokumente zu verwandeln. Aus den Daten dieser Stasi-Überwachung und den Recherchen von Désert entstanden vier astrologische runde Terrakotta-Formen. Sie markieren die Sternkonstellationen und die astrologischen Konfigurationen des 13. August 1978, 16:15 Uhr, den Tag der Aktion. Eine Scheibe markiert die Lebensspanne der Überwachung und eine weitere Scheibe die gemeinsame Dynamik von Per Lüke und Wieland Speck. Zusammen mit den Bildtafeln schaffen sie ein poetisches Palimpsest und eine Spannung zwischen persönlichen und öffentlichen, analogen und digitalen oder physischen und metaphysischen Realitäten.
Ciara Phillips wendet sich in dieser Ausstellung dem Körper und der Kleidung als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung und Bedeutung zu. Nähen ist für Phillips eine seit langem parallel zu ihren druckgrafischen Arbeiten realisierte künstlerische Praxis. Bedruckte Textilien sind oft Teil ihrer komplexen Rauminstallationen. Phillips erforscht die unzähligen Arten, in denen sich Druckerzeugnisse mit unserem täglichen Leben überschneiden, sei es durch Medien, Werbung, Banknoten oder Kleidung. Überall wirken Druckerzeugnisse als wichtiger Validator und Signifikant. Phillips arbeitete 4 Wochen im Rahmen einer Residency in den Lichtenberg Studios und entwickelte neue Arbeiten für diese Ausstellung, die sich u.a. auf die Jahrhunderte alte Geschichte der Textil- und Bekleidungsherstellung in Lichtenberg selbst bezieht.
Artikel über die Ausstellung in der Jungen Welt
Ciara Phillips arbeitet hauptsächlich mit Druckgrafiken und ihr Ansatz ist sowohl expansiv als auch experimentell. Sie arbeitet oft kollaborativ, indem sie Galerien in Druckereien verwandelt und andere Künstler:innen, Designer:innen und lokale Gruppen einlädt, mit ihr zu arbeiten. Sie hat ausgestellt in: Tate Britain; Museum of Contemporary Art Australia; Benaki Museum, Athen; Hamburger Kunstverein; und Kunsthall Stavanger. Im Jahr 2014 wurde sie für den Turner Prize nominiert, und 2020 erhielt sie den renomierten Queen Sonja Print Award in Oslo.
Jean-Ulrick Désert arbeitet in unterschiedlichen Medien: Plakate, Aktionen, Gemälde, ortsspezifische Skulpturen und Video. Jean-Ulrick Désert vertrat 2019 sein Heimatland Haiti auf der 58. Biennale von Venedig im selben Jahr zeigte er Unfinished Histories Vol.IV, in der Klosterruine Franziskanerkirche, Berlin. In 2013 entstand Amour Colère Folie, Kunstkommission, Martinique Biennale, Martinique; 2015 Belgian Soliloquy, Platform 102, Brussels; Jean-Ulrick Désert, Espace d’art Contemporain 14°N 61°W, Martinique; 2018 Jean-Ulrick Désert, S12 Studio, Select World Project Galerie, New York. 2009 war er Teilnehmer der 10. Biennale von Havana, Kuba. 2002 gründete Désert sein Berliner Studio. Jeanulrickdesert.com
Jean-Ulrick Désert ist der erste Empfänger des Wi Di Mimba Wi :: AKB & SAVVY Contemporary Preises: www.e-flux.com
Bernadette Van-Huy | Herman Asselberghs
The Few, The Many
Ausstellung: 16. Oktober – 14. November 2021
Eröffnung: Freitag 15. Oktober 2021, ab 19 Uhr
Finissage: Sonntag 14. November 2021, 15 – 19 Uhr
after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung The Few, The Many zwei zeitgenössische künstlerische Positionen aus New York und Brüssel zu zeigen. Die in New York lebende Künstlerin Bernadette Van-Huy präsentiert in der Ausstellung bei after the butcher eine neue zwölfteilige fotografisch zeichnerische Serie mit dem Titel Turn the Mirror Upside Down. In den Selbstportraits, die von einem Wandtext in Form einer spiegelschriftlichen Handlungsanweisung begleitet werden, geht es um einen Geächteten, ein Buch, den Weltraum, eine Asiatin und eine selbstgemachte Dauerwelle.
Auf Einladung von after the butcher produzierte der belgische Videokünstler Herman Asselberghs einen aktuellen Remix seines 2010 realisierten Films After Empire mit dem Titel Now (After Empire Remix) (Video, Farbe, 16:9, Englisch, BE, 2021, 18 Min.). Er kombinierte dafür einen Teil der ursprünglichen Bilder mit einem neuen Soundtrack von Simon Halsberghe und Wiet Lengeler. In After Empire schlug Herman Asselberghs als Alternative des im kollektiven Gedächtnis als Quintessenz der jüngeren Geschichte haften gebliebene ikonischen Bild vom Einsturz zweier Türme in Manhattan, die weltweite Antikriegsdemonstration vom 15. Februar 2003 vor.
Zur Ausstellung erscheint die Zeitung butchers blätter #3 neben der gewohneten Onlineformat nun auch als Printausgabe mit Beiträgen von Dieter Lesage, Andreas Siekmann und Ina Wudtke.
Bernadette Van-Huy ist ein Gründungsmitglied der Bernadette Corporation. Seit einigen Jahren arbeitet sie künstlerisch auch unter ihrem eigenen Namen und stellt international aus. Sie lebt und arbeitet nördlich von New York, USA.
Der Filmemacher Herman Asselberghs (1962) erforscht Grenzbereiche zwischen Text, Ton und Bild, Welt und Medien, Poetik und Politik. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden seine Film- und Installationsarbeiten international gezeigt. Er unterrichtet in der Filmabteilung der LUCA School of Arts – Sint-Lukas Brüssel und ist Gründungsmitglied der Brüsseler Produzent:innenplattform Auguste Orts (augusteorts.be). Er lebt und arbeitet in Brüssel, Belgien.
Mit freundlicher Unterstützung der:
Kaj Osteroth & Lydia Hamann | Xiaopeng Zhou
Good Copy – Bad Copy
Ausstellung: 22. August – 3. Oktober 2021
after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung zwei künstlerische Positionen zu zeigen, deren Arbeiten sich sowohl elementaren sozialen Fragen zuwenden, als auch der Erforschung zeichnerischen und malerischen Kopierens als künstlerische Methode.
Lydia Hamann & Kaj Osteroth arbeiten als Künstlerinnen-Duo seit 2007 zusammen. Aktuell beschäftigen sie sich unter dem Titel Glamshots. Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie mit dem Verhältnis von Kunstwerken weiblicher und männlicher Künstler:innen in der Dauerausstellung der Berliner Gemäldegalerie. Dabei fällt ins Auge, dass von 1000 Gemälden nur sechs von Malerinnen sind und zwar von Anna Therbusch, Marie Vigee- Lebrun, Angelika Kauffmann, Marie Latour, Anne Vallayer-Coster, Sofonisba Anguissola. Im gesamten Sammlungsbestand verhält es sich mit der Quote nicht weniger problematisch. Nur 20 von 3500 Bildern sind von weiblichen Künstlerinnen. Lydia Hamann & Kaj Osteroth dechiffrieren die Bilder der Malerinnen in der Berliner Gemäldegalerie anhand einer dialogischen Analyse von Momenten, Gesten, Blicken. Daraus entstand ein Sampling von Ausschnitten der insgesamt 20 Bilder aus Dauerausstellung und Depot. Hamann & Osteroth sind große Fans der Wiederholung und Nachahmung und vom Kopieren anderer Malerinnen Malereien. Nachmachen, nachempfinden, interpretieren, scheitern, auf eigene Möglichkeiten und Methoden zurückgeworfen sein, verstehen, bewundern, sich dem Farbrausch hingeben. Dabei bewegen sie sich in einem spannungsvollen Dialog, miteinander, vor und mit den Originalen. Bei der Umsetzung auf Leinwand vertrauen sie in gewohnter Manier auf ihr Unvermögen und ein fröhliches Kopistinnentum, geleitet von Nichtkönnen und Nichtwollen und der Frage, was ist eine gute und was eine schlechte Kopie.
Der chinesische Künstler Xiaopeng Zhou unterrichtet seit längerem eine ältere Dame in Berlin im Zeichnen. Anfangs brachte er ihr das Zeichnen von Blumen, Bäumen, Kakteen und anderen Pflanzen im Botanischen Garten bei und zeichnete u.a. wiederum sie, während sie die Pflanzen zeichnete. Er verwendet auf diese Weise die Reportagezeichnung als eine wichtige Methode seiner künstlerischen Forschung. In der Zeit des Lockdowns trafen sich Zhou und die ältere Dame in ihrer Wohnung, um weiter zeichnen zu können. Dabei erfuhr er mehr über ihr Interesse für Philosophie, Literatur, Kunstgeschichte und Feminismus; ein wechselseitiger intensiver Lernprozess entwickelte sich und versetzte Zhou über die inhaltliche Auseinandersetzung hinaus zusätzlich in die Lage, seine Deutsch-Kenntnisse zu verbessern. Bei after the butcher präsentiert Zhou nun eine Videoarbeit, die den gemeinsamen Lern- und Arbeitsprozess dokumentiert und reflektiert. Darüberhinaus zeigt er einen Teil der Zeichnungen, die in diesem Kontext entstanden sind: Bilder aus dem Botanischen Garten und der Wohnung, in der Gespräche geführt wurden über emotionale und physische Arbeit, Krankheit, Therapie und Heilung und die jeweils unterschiedlichen Erfahrungen von Alter, Geschlecht und Kultur.
Lydia Hamann & Kaj Osteroth befragen als Malerinnen-Duo stereotypisierende Zuschreibungen, dominante eurozentristische Fiktionen, eigene Erfahrungen und Spielräume kollektiver Praxis. Kaj Osteroth studierte Kunstgeschichte und Ethnologie an der FU sowie Kunst an der Universität der Künste, Berlin. Lydia Hamann studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften an der HU sowie Kunst an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. 2020 waren sie Preisträgerinnen des Villa Romana Preises. 2019 nahmen sie an der Ausstellung Histórias Feministas / Feminist Histories im MASP, São Paulo, teil. 2018 veröffentlichten sie ihr Buch Radical Admiration und waren auf der Berlin Biennale We don ́t need another hero vertreten, 2017 mit dem Workshop Feministischer Kunstunterricht bei dem Festival „The Future is Female“ in den Sophiensälen Berlin. www.fleeingthearch.org
Xiaopeng Zhou studierte an der Kunsthochschule Weißensee Berlin und der Guangzhou Academy of Fine Arts. Letzte Einzelausstellungen: Monochromatic Lottery Balls, Xining Contemporary, Xining, 2019 und Shape of Appetite, 2018, Empfangshalle München (in Zusammenarbeit mit Han Tang). Gruppenausstellungen: BPA-Exhibition, 2021, KW Berlin; Interrupted Meals HOW Art Museum, Shanghai, 2020; An Impulse to Turn Inside-Out Art Museum, Beijing, 2020; Further Thoughts on Earthy Materials Kunsthaus Hamburg, 2019 und Bi-City Biennale of Urbanism\Architecture, (UABB), Shenzhen, 2017. www.xiaopengzhou.com
Mit freundlicher Unterstützung der:
Shannon Bool, Anton Bo Matzke, Kim Hankyul
Ausstellung: 19. Juni -15. August 2021
Cracks and Reforms and Bursts in the Violet Air präsentiert eine Konstellation von Kunstwerken von Shannon Bool, Kim Hankyul und Anton Bo Matzke, die über den Status der künstlerischen Produktion innerhalb breiterer Felder sozialer Beziehungen meditieren. Der Titel der Ausstellung entlehnt eine Zeile aus T.S. Eliots The Waste Land (1922), einem einflussreichen, frühmodernen Gedicht, das zahlreiche Bilder und Textzeilen aus anderen Quellen verwendet, um eine Nachkriegslandschaft eher durch Affekte, Perspektivwechsel und fragmentierte Erzählstrukturen als durch eine sachliche Schilderung zu beschreiben. Die Anspielung ist passend, wenn man das aktuelle Gefühl der Unsicherheit in Folge der Pandemie bedenkt, sowie eine allgemeine Desillusionierung über das Leben unter dem nunmehr über dreissig Jahren anhaltenden Neoliberalismus und seinem sozialen und wirtschaftlichen Versagen. Die Künstler:innen haben die Situation genutzt, um eine Reihe von Kunstwerken zu produzieren, die Materialien umfunktionieren und umverteilen und dadurch die Systeme zur Bewertung des alltäglichen Lebens befragen.
Shannon Bool’s großformatiger Wandteppich, Crimes of the Future, eignet sich eine dokumentarische Fotografie einer Ausstellung im Yves Saint Laurent Museum in Paris an. Die Arbeit schlägt ein völliges Überdenken der Materialität von Bildern vor, indem sie die symbolische Sprache der Fotografie als künstlerisches Medium perforiert und sprengt. Das Raster der Pixel, aus denen das digitale Bild besteht, wird technisch in ein Jacquard- Webmuster übersetzt – die Auflösung wird dabei unscharf. Schaufensterpuppen werden ausgeblendet und durch collagierte Bilder signifikanter brutalistischer Gebäude ersetzt – ein Echo auf die digitale, systemische Kontrolle von Informationen. Neben einer „digitalen“ Sensibilität im Kunstwerk gibt es auch eine „analoge“: Die Darstellung des weiblichen Körpers wird als Projektionsfläche und Chiffre eines konsumistischen Blicks enthüllt. Bool greift auf die generischen Scherenschnitte zurück, um Fragmente spezifischer, hochmoderner Behausungen religiöser Kultur wie die Wotrubakirche in Wien von Fritz Wotruba, die Nevigeser Kirche in Düsseldorf von Gottfried Böhm oder das Zweite Goetheanum in Dornach von Rudolf Steiner zu präsentieren. Der moderne Mythos vom sakralen Wert der Lesbarkeit des Zwecks, der durch die Ausgewogenheit von Design und Materialwahl erreicht wird, wird von Bool auf den Kopf gestellt und enthüllt eine ganze Hierarchie versteckter bürgerlicher Werte, die letztlich darauf ausgelegt sind, das Begehren sowie die Bewegungen und die Arbeit der menschlichen Körper zu verwalten.
Kim Hankyuls Serpent (2016) und Bird (2019) sind zwei seiner früheren kinetischen und akustischen Skulpturen, die gewöhnliche Werkzeuge und Materialien umfunktionieren, um als Substrat für eine neue Bedeutung zu dienen. Die Arbeiten führen absurde und doch alltägliche Bewegungen und Aufgaben aus, die im mimetischen Sinne entweder exzessiv oder unzureichend sind und die Lücke zwischen Zeichen und Bezeichnetem weiter ausnutzen. Serpent bewegt sich exzessiv, die Wirkung des sich windenden und wild zischenden Kanals ist manisch und gespenstisch – man ist Zeuge eines Aufwands, der von einer Steckdose ausgeht und irgendwo in der Vorstellung endet. Bird zeigt zwei Seiten eines Buchs, die von einer Armatur gehalten und durch eine Bohrmaschine so angetrieben werden, dass man den sanften Flügelschlag erkennen kann. Das Buch wird – zwei seiner Seiten – werden transformiert vom kognitiven Wissensbehälter zu einem Objekt poetischer Reflexion über den Traum vom Fliegen. Insofern weckt die Skulptur tangential auch Klassenassoziationen – Wissen ist Macht. Genau hier liegt der Schlüssel zu ihrer Magie: Den Betrachter:innen bleibt es überlassen, die Wirkung der Arbeiten zu beurteilen, und doch werden sie immer wieder auf die mechanische Sklaverei ihrer Performance zurückgeworfen. In meinen Augen stellen die kinetischen Skulpturen kritische Fragen in Bezug auf die Arbeit der Arbeiterklasse und ihre Beziehung zur zeitgenössischen Kunstproduktion – ist Arbeit unansehnlich? Ist sie zu schweißtreibend? Strebt sie zu sehr nach Ausdruck, nach Bedeutung? In diesem Sinne sind die Arbeiten humorvoll und in ihrer Unbeschwertheit sehr effektiv.
Anton Bo Matzkes Melde (2021) und Hom(e)age (to stonemason Ekhof Platz) (2018) sind Skulpturen, die ihre Qualitäten symbolisch und materiell aus der Umgebung des Ausstellungsraums beziehen; sie scheinen dem Ort, an dem sie präsentiert werden, zu entspringen. Es sind stille Objekte, die die Vergänglichkeit des Lebens zum Ausdruck bringen – vergleichbar der Stilllebenmalerei. Melde ist eine Tonskulptur, die in ihrer Form an zeitgenössische Architektur erinnert. In den rohen Ton hat der Künstler ruderale Samen eingepflanzt, die er auf einer Brachfläche in der Victoriastadt, unweit von after the butcher gesammelt hat. Die Skulptur wird im Laufe der Ausstellung durch das Wachstum der Vegetation animiert – sie führt sozusagen ein Eigenleben; die Samen und ihre Wurzeln werden ihre Form langsam aufsprengen und möglicherweise zum Einsturz bringen, work in progress. Hom(e)age (to stonemason Ekhof Platz), ist eine Skulptur in Form einer Stehlampe, deren Sockel aus gegossenem Beton und einem meterlangem Amiereisenstab bestehen und ebenfalls Baumaterialien darstellen, die oft auf verfallenen Grundstücken entsorgt werden. Das ungewöhnliche Element ist ein marmorner Lampenschirm auf dem Armierungseisen, der alt und zerknittert aussieht, man riecht förmlich den Zigarettenrauch darauf. Die Arbeiten von Matzke zeugen von einer Sensibilität die frei und offen ist für Improvisationen mit den vorgefundenen Materialien und was sie ansprechen, sind Fragen der Gentrifizierung, Klasse und Stadterneuerung – im Guten wie im Schlechten.
Text von Maxwell Stephens
gefördert durch:
Klasse Asta Gröting
RANDOM ACCESS MEMORIES
Andreas Baumgartner, Laura Dechenaud, Jan-Louis Gens, Leonardo Grüning, Pauline Hömmen, Juhi Hong, Gregor Kieseritzky, Charlotte Kremberg, Luis Kürschner, Johannes Möller, Jeroen Laessig, Sophie Pape, Lucila Pacheco Dehne, Camilla Schiegnitz, Stefan Schramm, Julika Teubert, Simiao Yu, Yuan Yuan, Hye Yun
Ausstellung: 7. Mai 2021- 13. Juni 2021
after the butcher, ausstellungsraum für zeitgenössische kunst und soziale fragen freut sich, zum Besuch der Ausstellung random access memories mit Studierenden der Klasse Gröting der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig einzuladen.
Wenn wir träumen, sind wir an einem Ort, der neben unserer Realität zu existieren scheint. Es eröffnet sich uns ein zuvor verborgenes Sammelsurium von unbewussten Eindrücken, Ängsten und Wünschen. Für die Surrealist:innen war die im Schlaf erlebte Realität nicht weniger wichtig als der Wachzustand. So schrieb André Breton in seinem Manifest des Surrealismus aus dem Jahr 1920:
„(…) warum sollte ich dem Traum nicht zugestehen, was ich zuweilen der Wirklichkeit verweigere, jenen Wert der eigenen Gewißheit nämlich, der während der Traumspanne ganz und gar nicht von mir geleugnet wird?…“.
Zumindest dieser im Traum direkt erlebten Wirkung kann sich wohl kaum jemand entziehen. Trotzdem oder gerade deshalb fällt es uns häufig schwer, die Grenze zwischen Traum und Realität zu ziehen und zu begreifen. Besonders auffällig ist dies bei Utopien und Tagträumen, die häufig von Wünschen und Idealen sprechen, die für uns gar nicht erreichbar scheinen.
In der Ausstellung random access memories fragt sich die Klasse Gröting, wie die Realität Einfluss auf unsere Träume nehmen kann oder die Träume vielmehr unsere Realität beeinflussen. „Wir haben uns seit Januar eigentlich jede Woche Montag getroffen, um einen gemeinsamen Prozess zu etablieren. Eine Kontinuität war besonders wichtig, weil wir uns nicht in echt treffen konnten. Wir versuchen ja immer alles demokratisch und auf einer horizontalen Hierarchieebene zu gestalten und zu entscheiden. Das verlangsamt zwar den Prozess, ist aber wichtig für unseren Klassenzusammenhalt.
Wir gehen dabei so vor, dass wir schauen welche Themen uns zur Zeit interessieren und begeistern und uns alle auf eine Art und Weise verbinden. Wir entschieden uns für das Thema Träume weil wir es als schöne Option sehen, Persönliches und Gesellschaftliches miteinander zu verbinden.
Um das Konzept zusammen zu entwickeln, haben wir damit angefangen Traum-Experimente zu machen. Wir haben uns jede Woche eine neue Aufgabe gestellt, um zu schauen, ob wir gemeinsam unsere Träume beeinflussen können. Wir haben z.B. alle eine Woche lang den selben Song vor dem Schlafengehen gehört, um zu schauen, was passiert. Eine andere Woche haben wir als letzte Handlung vor dem Schlafen einen Auszug vom Manifest des Surrealismus von André Breton, in dem es auch um Träume geht, gelesen. Wir haben unseren Tagesablauf notiert und aktiv versucht, unsere Tagträume zu kontrollieren. Über diese Experimente sind wir ins Gespräch miteinander gekommen, was Träumen bedeutet und wie wir Träumen.
Seltsam war bei dem Prozess, dass es eigentlich ein sehr persönliches und individuelles Thema ist, aber die Onlinekonferenz natürlich eine gewisse Distanz mit reinbringen. Das Zusammensitzen und zusammen ausbrüten in unserem Atelier hat schon sehr gefehlt! Glaube aber trotzdem, dass die Ausstellung in dieser Zeit genau das Richtige war, um wieder gemeinsam an etwas zu arbeiten und etwas konkreteres zu planen und um ins Gespräch zu kommen. Denke es war und ist immer noch sehr gut und wichtig für die Klasse und ihren Entwicklungsprozess, dass es diesen gemeinsamen „Punkt“ der Ausstellung gibt, das Zusammenbringen der Arbeiten. Vielleicht wird sie der Schlüssel dafür sein wenn wir später einmal auf diese spezielle, auch schwierige Zeitspanne der Pandemie zurückblicken, dass wir uns dennoch auch an etwas schönes erinnern können, was wir zusammen erarbeitet und erlebt haben…“ aus der Kommunikation zwischen Studierenden und Asta Gröting.
gefördert durch:
Vermeir & Heiremans, Julia Cremers & PARALLAX Lab
Learning to dwell otherwise within the ruins
Vermeir & Heiremans, Julia Cremers & PARALLAX Lab
Ausstellung: 19. März 2021 – 25. April 2021
after the butcher freut sich, in der kommenden Ausstellung zwei Künstler*innenpositionen zu zeigen, deren Arbeit sich mit Gebäuden, Ruinen und Fragen ihrer Wertschöpfung auseinandersetzt. Gleichzeitig nähern sich beide Positionen dem weiten Feld der Spekulation und fordern neue Handlungsräume dagegen ein.
Das Künstlerduo Vermeir & Heiremans zeigt den Kurzfilm A Modest Proposal (in a Black Box). Der Film untersucht, ob „Finanzialisierung“ zu einem Werkzeug für die Schaffung gerechterer Verhältnisse umgewidmet werden kann. Die Künstlerinnen schlagen ein Modell vor zur Finanzialisiserung öffentlicher Kunstsammlungen, Museumsimmobilien und/oder deren symbolisches Kapital. Dieses Modell soll einen Kreislauf des Wohlstands erzeugen, von dem nicht nur Investoren und Institutionen profitieren, sondern auch die Schöpferinnen dieser Werte, die ursprünglichen Teilhaberinnen – die Künstlerinnen und Kunstschaffenden.
Im Film diskutieren Vermeir & Heiremans die Finanzialisierung der Pump House Gallery im Battersea Park in London als Fallbeispiel mit ihrem Anwalt. Die Galerie befindet sich in der Nähe der Battersea Power Station, einem ehemaligen Kohlekraftwerk aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, das nach 40 Jahren Leerstand derzeit unter Beteiligung von „Starchitekten“ wie Frank Gehry und Foster & Partners zu einem Luxus-Einkaufszentrum samt Luxus-Appartements umgebaut wird. Die steigenden Immobilienwerte in der Nachbarschaft werden den Vermögenswert des Galeriegebäudes in die Höhe „pumpen“. Bezieht man dies in das globale Finanzmodell der Künstler ein, würden Mehrwerte für die breitere Kunstgemeinschaft ausgeschüttet.
Was davon ist ironische Kritik und was Sehnsucht nach Teilhabe? In jedem Fall legen die Künstler*innen die erzeugten sozialen Spannungen und Widersprüche zwischen Spekulation und Profitmaximierung und Grundbedürfnissen nach Wohnraum offen.
Julia Cremers und PARALLAX zeigen ihre kollektiven Video- und 3D-Arbeiten Ruin Figments and Reconstructed Memories (Fantasierte Ruinen und Rekonstruierte Erinnerungen). Im Zentrum beider Arbeiten steht eine Architekturanlage im Wiener Schlosspark Schönbrunn aus dem Jahr 1778, die die Überreste nach der römischen Belagerung von Karthago 146 v. Chr. darstellt.
Diese künstliche Ruine, die zur Mode der Landschaftsgestaltung im 18. Jahrhundert passte, sollte die Macht der Habsburger Monarchie manifestieren und deren imperiales Streben über die Identifikation mit dem siegreichen Römischen Reich legitimieren: Spekulation auf kulturelles Kapital.
Die Arbeit von PARALLAX ist eine Fortführung dieser Reimaginationsprozesse in die Gegenwart hinein. Das virtuelle Pendant der Ruine wird mit fotogrammetrischen Methoden extrahiert, anschließend verzerrt und rematerialisiert. Die daraus resultierende 3D-gedruckte Skulptur macht auf implizite Veränderungen jeder Reproduktionsphase aufmerksam und hinterfragt so die kulturellen Auswirkungen des imperialen Zusammenbruchs und dessen Aneignungsversuche durch neue Machtstrukturen. Der Videoessay ist eine weitere Enthüllung dieses vielschichtigen Gebildes und legt die materiellen Ressourcen und menschlichen Anstrengungen offen, die für die Konstruktion von (virtuellen) Räumen erforderlich sind.
Ein drittes visuelles Element sind die Fotografien unter dem Titel Ruins von Julia Cremers, die militärische Befestigungsanlagen aus der Zeit des Nazi-Faschismus und der deutschen Besatzung in Bergen/Norwegen zeigen. Heute dienen sie als Kulisse für Raves. Die Umwidmung dieser historisch belasteten Orte für Veranstaltungen und Feiern kann als problematisch und befreiend zugleich betrachtet werden. Sie stellt eine Form der Wiederaneignung historisch aufgeladener Räume dar, die mit neuen Erzählungen und kultureller Bedeutung überlagert werden und so die Geschichte weiterschreiben.
A Modest Proposal (in a Black Box) wird von einer Publikation begleitet, die eine Reihe von Aufsätzen eines Symposiums zusammenfasst, das 2018 von Vermeir & Heiremans am Royal College of Art, London organisiert wurde.
Filmnachweis:
HD Video, 28′ 7″, Ton & Farbe, UK-Belgien, 2018
mit Luke Mason, Heike Langsdorf, Vermeir & Heiremans
Kamera: Amir Borenstein
Ton: Justin Bennett
Produktion: Jubilee vzw, mit Unterstützung von: Die Flämische Gemeinschaft; Art et Recherche asbl; Federation Wallonie-Bruxelles; Pump House Gallery; Wandsworth Council; Enable Leisure and Culture; Art Council England; Cockayne-Grants for the Arts; The London Community Foundation
Ruin Figments and Reconstructed Memories, Video-Essay und 3D-gedruckte Skulptur
Filmnachweis:
HD Video, Ton & Farbe, Deutschland-Österreich, 2021
Kamera: Lena Kocutar, Daniel Viladrich Herrmannsdoerfer, Julia Cremers
Ton und Schnitt: Julia Cremers
Research: Lena Kocutar, Daniel Viladrich Herrmannsdoerfer, Polina Nikoulitcheva, Julia Cremers
Vermeir & Heiremans präsentierten Arbeiten bei: 10. und 13. Istanbul Biennale (2007 & 2013), Arnolfini, Bristol (2009), Nam June Paik Art Center, Yongin (2010), Viennale, Wien (2011), 7. Shenzhen Sculpture Biennial (2012), Manifesta 9, Limburg (2012), Argos, Brüssel (2012), Extra City, Antwerpen (2012), Riga Art Space (2013), Rotwand Gallery, Zürich (2014), Triennale Brugge (2015), Dojima River Biennale, Osaka (2015), Galerie Georg Kargl, Wien (2015), Transmediale, Berlin (2016), Bucharest Biennale 7 (2016), Glassyard Gallery, Budapest (2018), The Atlantic Project, Plymouth (2018), Pump House Gallery, London (2018), Carico Massimo, Livorno (2019), Kunsten Museum of Modern Art, Aalborg (2020).
Julia Cremers absolvierte 2016 in Audiovisueller Kunst an der Gerrit Rietveld Academy Amsterdam (Bachelor) und 2018 in Bildender Kunst an der University of Bergen Faculty of Fine Art (Master). Sie präsentierte Arbeiten bei: Dutch Design Week Eindhoven (2014), Van Nelle Fabrik Rotterdam (2015), Gallerie Bart Amsterdam (2016), Eye Film Museum (2016), Bergen Kunsthall (2018), Deichtorhallen Hamburg (2019), Errant Sound (2020), Alte Feuerwache Köln (2020), Berlin School Of Sound (2021). Cremers ist seit September 2020 Mitglied bei Errant Sound.
PARALLAX Lab, Ruin Figments and Reconstructed Memories ist ein Gemeinschaftsprojekt initiiert von der Künstlerin Julia Cremers mit den Studierenden Daniel Viladrich Herrmannsdoerfer (Technomathematik, TU), Polina Nikoulitcheva (Architektur, TU) und Lena Kocutar (Lensbased Class UdK). Produziert im Rahmen von PARALLAX Lab, einer Initiative der Universität der Künste Berlin und der Technischen Universität Berlin. Mit der Unterstützung von FormLabs Berlin.
gefördert durch:
Künstler*innen: A-Clip, Gruppe Gummi K / MicroStudio Surplus (Alice Creischer, Martin Ebner, Christoph Keller, Ariane Müller, Andreas Siekmann, Nicolas Siepen, Josef Strau, Klaus Weber, Amelie von Wulffen), Jaaaa & Protzband Nicolas Siepen, Siegfried Koepf & Martin Ebner & Gunter Reski, Josef Kramhöller, NEID, Annette Wehrmann, Ina Wudtke, Amelie von Wulffen u.a.
Donnerstag 18. Februar, 19 Uhr laden KW Institute for Contemporary Art, Berlin und after the butcher zu einem Onlinegespräch über die Ausstellung ein. Es sprechen: Annette Maechtel, Thomas Kilpper, Ina Wudtke und Kathrin Bentele.
Zum Videorundgang Stadt und Knete
Ausstellung: 20. November 2020 – 7. März 2021
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Geöffnet Sa & So: 15-19 Uhr und nach Vereinbarung. Um Anmeldung wird gebeten: after-the-butcher oder +49 (0)178 32 981 06
In den Ausstellungsräumen bitte die Abstandsregeln einhalten und eine Behelfsmaske tragen.
after the butcher zeigt aus Anlass einer zeitgleich in den KW Institute for Contemporary Art stattfindenden Ausstellung von Amelie von Wulffen Stadt und Knete. Positionen der 1990er Jahre. Herz der Ausstellung – eine Kollaboration mit den KW Institute for Contemporary Art, Berlin – sind vier kollektiv produzierte Knetgummi Animationen: Infobox (1996), Wie eins zum anderen kam (1996) und Die krumme Pranke und Egoland (beide 1997). Das Video Infobox von der Berliner Künstler*innengruppe Jaaaa & Protzband Nicolas Siepen, Siegfried Koepf & Martin Ebner & Gunter Reski, MicroStudio Surplus kommentiert die Entwicklung des Potsdamer Platzes. Die Arbeit kreist dabei auch um den sogenannten „Infobox“-Pavillion, der von 1995-2001 auf dem Leipziger Platz stand.
1996 produzierten die Künstler*innen der Gruppe Gummi K / MicroStudio surplus das Video Wie eins zum anderen kam. Eine bissig-ironische Kritik auf die von Klaus Biesenbach und Nicolaus Schaffhausen kuratierte Großausstellung Nach Weimar im Neuen Museum Weimar. Besonders im Fokus steht dabei die bauliche Verbindung des Neuen Museums mit dem Gebäude des Gauforums aus der Zeit des Nationalsozialismus und die damit einhergehende Legitimierung faschistischer Architektur als Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst.
Der 30-minütige Film Die krumme Pranke von Alice Creischer, Andreas Siekmann, Josef Strau und Amelie von Wulffen folgt dem Strickmuster eines klassischen Derrick-Krimis. Die Bildsprache dieses Berliner Großstadtkrimis wechselt dabei zwischen dokumentarischen Stadtaufnahmen und fiktiven Knetgummianimationen. Die Innenpolitik und die Baugruben der 1990er Jahre sind Thema dieser Montage, in denen die Künstler*innen sich zwischen Kunstpraxis und politischem Aktivismus bewegen.
Egoland von 1997, ist ein 55-sekündiger Kinospot der Serie A-Clip. Kollektiv produziert wurden die politischen Botschaften der A-Clips zuerst von verschiedenen Vorführern in Berlin zwischen den Werbeblöcken im Kino vor dem Hauptfilm eingeschleust.
Die Innenstadtaktionen waren Aktionstage, die 1997 und 1998 in mehreren Städten in Deutschland und in der Schweiz stattfanden und von politischen Aktivist*innen aus dem Kunstkontext maßgeblich mitinitiiert wurden. Katja Eydel hat damals als Beteiligte einige Aktionen in Berlin fotografisch dokumentiert und Ina Wudtke hat jetzt diese Fotos mit Interviewauszügen von ehemals involvierten Künstler*innen für diese Ausstellung zu dem Video Kollektive Erinnerungen montiert. Die Arbeit gibt Einblick in das politische Umfeld und ist ein wichtiges Segment der damaligen Kunstproduktion in Berlin.
Die Hamburger Künstlerin Annette Wehrmann (1961-2010) arbeitete an einem langjährigen Projekt zum städtischen Raum mit dem Titel Ort des Gegen. An dessen Anfang stehen Überlegungen dazu, dass die Qualität einer Stadt davon abhängt, wie viele unbebaute, sich selbst überlassene Flächen es gibt. Der Ort des Gegen kann “unter kapitalistischen Bedingungen […] die Form umfassender Verwertungsverweigerung“ annehmen. Hier ist er die „Rückseite der Utopie“, „der Ort an dem der Müll liegen bleibt“ (aus einem Konzeptpapier Ort des Gegen von Annette Wehrmann, 2002). Fünf Gouachen der Serie sind Teil der Ausstellung sowie eine Schaumstoffskulptur mit dem Titel „Nein“.
Das Künstler*innenmagazin NEID (1992-2004) veröffentlichte als eine der Ersten die Luftschlangentexte von Annette Wehrmann und dokumentierte Teile der Berliner Innenstadtaktionen. Die Ausgaben NEID #4 und NEID #7 sind daher Teil der Ausstellung.
Stadt und Knete zeigt auch eine Fotoserie von Fingerabdrücken auf Schaufenstern von Luxusgeschäften aus dem Jahr 1995 von Josef Kramhöller (1968-2000).
Von Amelie von Wulffen werden neben ihren kollektiven Videoarbeiten, drei Fotocollagen von Gebäuden in Ostberlin, die ihre Begeisterung für die sowjetische Moderne spiegeln und die noch erhaltenen Teile einer Schaufensterinstallation von 1996 gezeigt. Die Sperrholzfiguren der Schaufensterinstallation bilden gefundene und erfunden Logos von Handwerksfirmen ab.
Über die Künstler*innen:
A-Clip, sind politische Kinospots, die von Künstler*innen und Aktivist*innen 1997 und 2000 kollektiv produziert wurden.
Jaaaa (Josef Strau, Amelie von Wulfen, Ariane Müller, Alice Creischer, Andreas Siekmann) gründete sich 1996 in Berlin zur Produktion von Knetgummi-Animationen.
Gruppe Gummi K (Alice Creischer, Martin Ebner, Christoph Keller, Ariane Müller, Andreas Siekmann, Nicolas Siepen, Josef Strau, Klaus Weber, Amelie von Wulffen) ging 1997 aus der Gruppe Jaaaa hervor und setzte die Arbeit an Video-Animationen mit Kentgummi fort.
Josef Kramhöller (1968-2000) war Künstler und Autor. Er studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München und am Chelsea College of Art and Design in London. Er arbeitete mit Performance, Fotografie, Malerei, Zeichnung und verfasste Texte.
NEID war ein queer-feministisches Magazin, das 1992 von Hans-Christian Dany, Claudia Reinhardt, Heiko Wichmann und Ina Wudtke an der Kunsthochschule für Bildende Künste Hamburg gegründet und von 1995-2004 von Ina Wudtke herausgegeben wurde.
MicroStudio surplus war der Name für ein temporäres Studio in der Burgstrasse in Berlin, bezeichnet keine feste Konstellation an Beteiligten.
Annette Wehrmann (1961-2010) war Künstlerin und Autorin. Sie studierte freie Kunst in Hamburg an der Hochschule für Bildende Künste und in Frankfurt an der Städelschule. Ihr Interesse galt dem städtischen Raum sowie Formen der Selbstorganisation.
Ina Wudtke, geboren 1968, ist Konzeptkünstlerin und lebt in Berlin. 2018 erschien ihr Buch The Fine Art of Living über ihre künstlerischen Arbeiten gegen Gentrifizierung (Berlin, Archive Books).
Amelie von Wulffen, geboren 1966, studierte an der Akademie der Bildende Künste München. Sie arbeitet mit Malerei, Collage, Zeichnung und Installation. Sie war auf der 50sten Biennale Venedig und der Manifesta 5 vertreten und lebt in Berlin.
Gefördert von:
after the butcher bedankt sich herzlich bei der Kienzle Art Foundation für die freundliche Leihgabe der Fotoarbeiten von Josef Kramhöller